Entgegnung OGM zum Ausschluss aus dem VdMI

Kommentar Wolfgang Bachmayer

OGM wird vom Vorstand des VdMI (Verband für Marktforschungsunternehmen) vorgeworfen, bei der Kurier-Wahlumfrage vom Sonntag den 17.10.2021 die Befragung nicht „Mix Mode“ abgewickelt zu haben, also in Kombination von telefonischen und Online-Interviews. Das sei ein Verstoß gegen die VdMI-Qualitätsstandards, weswegen OGM ohne schriftliche Anhörung aus dem VdMI ausgeschlossen wurde. Dazu möchten wir folgendes entgegnen:

1.
OGM selbst hat vor 16 Jahren das „Mix Mode“-Kriterium im VdMI eingebracht und forciert, weil die damals neuen „Online only“-Umfragen für eine Wahlprognose noch nicht geeignet waren. Denn damals hatten lediglich 41% aller österreichischen Haushalte einen Internet-Anschluss, bei der größten Wählergruppe der PensionistInnen war die Online-Penetration noch weitaus geringer.
Hingegen hatten damals noch 71% der Haushalte Festnetzanschluss und waren größtenteils im öffentlichen Telefonverzeichnis als geeignete Stichprobengrundlage enthalten. Damals erschien uns eine systematische Kombination von Online und Telefon valider als Online-only.

2.
Mittlerweile haben sich die technologischen und gesellschaftlichen Grundlagen fundamental geändert. So haben heute 89% aller Haushalte einen Internetanschluss und nur mehr 31% ein Festnetztelefon, über das lt. Telekom-Regulierungsbehörde RTR nur mehr 10% aller Gesprächsminuten abgewickelt werden. Die dominierenden Mobilnummern sind kaum im öffentlichen Telefonverzeichnis eingetragen und daher weder bekannt noch regional zuordenbar, dazu kommen wegen der geänderten Rechtslage (DSGVO, E-Privacy-Verordnung) juristische Herausforderungen.
Das waren für OGM gute Gründe, die mittlerweile nicht mehr zeitgemäße Mix Mode-Methode bei Wahlumfragen durch Online-only-Erhebungen zu ersetzen und unser hauseigenes Telefonstudio nur noch bei speziellen Umfragen einzusetzen.
Auch die Media-Analyse als seit Jahrzehnten anerkannte „Währung“ der Reichweite von Medien wurde mittlerweile umgestellt, die Zielpersonen können zwischen persönlichem oder online-Interview wählen.

3.
Auswahlrahmen der OGM-Online-Erhebungen ist das hauseigene Online-Panel mit 30.000 Befragungspartnern, die im Verlauf von 20 Jahren kontinuierlich in ganz Österreich und allen Altersklassen auf Basis von hunderttausenden telefonischen und persönlichen Interviews sowie breit gestreuten redaktionellen Medienkooperationen von TV-Sendern bis zu Bezirkszeitungen offline rekrutiert wurden. Keiner unserer Panelisten wurde durch Gewinnspiele oder ähnliches rekrutiert.
Dieses Panel ist eine weit bessere Grundlage für Wahlumfragen als das von manchen Mitbewerbern praktizierte unsystematische und willkürliche Mischen von (noch dazu bei Dritten zugekauften) Telefon- und Onlineinterviews. In unserem Panel ist auch die Gruppe von 75 plus proportional vertreten und wird bei Wahlumfragen entsprechend quotiert. Freilich ist die Online-Methode nur für die Internet-affinen Haushalte repräsentativ, aber das sind ja 90% aller Haushalte.

4.
Der entscheidende Qualitätsstandard von Wahlumfragen liegt letztlich aber ohnehin nicht in technischen Parametern, sondern in ihrer empirischen Genauigkeit. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass laut der unabhängigen Plattform neuwal.com/Dieter Zirnig die OGM-Umfrage zur Nationalratswahl 2017 die genaueste jemals von Neuwal registrierte Wahlprognose war, bei der Nationalratswahl 2019 war unsere Prognose ähnlich treffsicher.

5.
OGM wurde vom VdMI als unverbindlicher Zusammenschluss von Umfrageanbietern ausgeschlossen, ohne eine schriftliche Stellungnahme oder solche Begründung abgeben zu können. Mehrere andere aus den Medien bekannte Institute sind keine VdMI-Mitglieder. OGM ist seit seiner Gründung vor 45 Jahren Mitglied des internationalen Verbandes Esomar unter Beachtung aller Esomar-Standards. Auch ist OGM nicht wie manche andere Institute mit PR-Agenturen verbunden.
Angesichts der Affäre über gekaufte Interviews bei einem anderen Institut halten wir diese „Krisen-PR“ des VdMI, aktiv und nachdrücklich weiteres Öl ins Feuer zu schütten, für absolut unprofessionell. Die Motive dieser völlig überschießenden und für die ganze Branche kontraproduktiven Aktion sind möglicherweise mit Konkurrenzdenken und wirtschaftlichen Sorgen wegen schlecht ausgelasteten Telefonstudios zu erklären.
Der viel ältere und breiter gestreute Verband der Marktforscher Österreichs VMÖ hat dagegen dieser Tage eine aus unserer Sicht professionelle Stellungnahme zu den aktuellen Entwicklungen versendet.