OGM/APA: Volksschulkinder nicht-deutscher Umgangssprache

Kommentar Johannes Klotz/OGM

Fast jedes dritte Volksschulkind gebraucht im Alltag eine nicht-deutsche Umgangssprache.

Für rund 340.000 Volksschulkinder beginnt im September der Unterricht, zuerst in den östlichen Bundesländern und eine Woche später im Rest des Landes. Nach einem von Homeschooling geprägten Jahr freuen sich viele von ihnen schon auf das Wiedersehen mit den Klassenkollegen und die Gespräche, was man in den Ferien gemacht hat.

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Diese werden nicht überall auf Deutsch stattfinden, wie von OGM bis auf Gemeindeebene ausgewertete Daten der Umgangssprache (die im Alltag gebrauchte Sprache) der SchülerInnen zeigen. Grundlage sind die letztverfügbaren Daten der Schulstatistik 2019/2020 (keine Umfragen). Die Auswertung erfolgt nach dem Schulbesuchsort, das ist bei Volksschulkindern meist der Wohnort.

Bundesweit gebraucht fast jedes dritte Volksschulkind eine nicht-deutsche Umgangssprache, wobei der Anteil in Wien mit 58% fast doppelt so hoch ist. Auch die Landeshauptstädte Linz (55%) und Salzburg (51%) liegen über der 50%-Marke.

Kein rein städtisches Phänomen

Nicht-deutsche Umgangssprache ist aber kein rein städtisches Phänomen, die Spitzenreiter der Gemeindeliste mögen überraschen: Am höchsten ist der Anteil mit 79% in Kittsee vor den Toren Bratislavas, wo sich nach der EU-Osterweiterung zahlreiche slowakische Familien ein Haus gekauft haben. Dieses Phänomen erklärt auch die hohen Anteile in Wolfsthal und Hainburg an der Donau.

Ebenfalls hohe Werte jenseits der Zweidrittelmarke weisen Gemeinden der angestammten Volksgruppen auf, nämlich Zell in Kärnten (slowenisch) sowie Frankenau-Unterpullendorf, Großwarasdorf und Nikitsch (burgenland-kroatisch).

Die Spuren der Arbeitsmigration sind am deutlichsten in den oberösterreichischen Gemeinden Traun, Wels, Mattighofen, Attnang-Puchheim und Ansfelden mit über 60% zu erkennen. Besonders viele Volksschulkinder speziell türkischer Umgangssprache gibt es – abgesehen von einigen Kleingemeinden – in Telfs in Tirol mit 33%.

Auf der anderen Seite stehen 269 Gemeinden (mit eigener Volksschule), in denen alle Kinder Deutsch als Umgangssprache haben. Dabei handelt es sich nicht bloß um abgelegene Kleingemeinden: In Neumarkt in der Steiermark etwa besuchen 180 Kinder die Volksschule, darunter kein einziges mit nicht-deutscher Umgangssprache.

Innerhalb der Wiener Bezirke gibt es die höchsten Werte an Volksschulkindern nicht-deutscher Umgangssprache in Margareten (88%), Brigittenau (84%) und Ottakring (80%), die niedrigsten in der Josefstadt (31%) und Hietzing (33%).

Umgangssprache gibt keinen Aufschluss über Deutschkenntnisse

Eine nicht-deutsche Umgangssprache kann also nicht nur im Unterricht herausfordernd sein, sondern ist auch mit sozialen Merkmalen korreliert: Während bundesweit an den AHS-Unterstufen nur 21% aller Kinder eine nicht-deutsche Umgangssprache haben, sind dies in den Neuen Mittelschulen 33% und in den Sonderschulen sogar 40%.

Es sei aber auch vor voreiligen Schlüssen gewarnt. 31% der Volksschüler mögen zwar im Alltag eine andere Sprache als Deutsch gebrauchen. Aber das bedeutet nicht, dass alle diese Kinder über mangelhafte Deutschkenntnisse verfügen.

Weil es in Österreich keine Statistiken zum Anteil von Migranten der zweiten und dritten Generation in den Gemeinden gibt, sind die Anteile der Volksschulkinder mit nicht-deutscher Umgangssprache dafür ein sehr guter Indikator. OGM verfügt über Detaildaten für die einzelnen Sprachanteile und kann das mit verschiedensten Merkmalen zu sozialem Status, Einkommen, Konsum und politischen Präferenzen verknüpfen.

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